Nach ein paar ruhigen Tagen in Chiang Mai, im Norden von Thailand, geht‘s wieder auf die Velos. Auf der vierspurigen „Nebenstrasse“ mit grosszügigem Seitenstreifen fahren wir bequem aus der Stadt raus. Mit bequem ist es dann aber für eine Weile vorbei… Die kommenden Tage bleiben uns als anstrengenste der bisherigen Tour in Erinnerung. Die Berge sind zwar nicht allzu hoch, die Strassen dafür aber fast senkrecht! Dazu kommt die Hitze: Der „Winter“ in Thailand ist definitiv vorbei. Oft knöpfen wir über die Mittagszeit, wenn die Sonne ungnädig herunterbrennt, unsere Hängematten in eines der zahlreichen Bambushüttchen am Strassenrand und machen Siesta.
Der Grenzübergang nach Laos ist erst seit kurzem für Ausländer geöffnet und wir sind die einzigen Ausländer weit und breit. Am laotischen Zoll werden wir freundlich empfangen. Die geschulterten Kalaschnikows stellen die Polizisten wieder in die Baracke zurück und inspizieren halbherzig unser Gepäck. Richtig interessant finden sie lediglich den Velocomputer ;-)
Die Grenzgegend in Laos ist deutlich ärmer als Thailand. Statt mit protzigem Pickup sind die Leute hier zu Fuss unterwegs. Privatautos sind für Laoten immer noch ein Luxus, den sich nur ganz wenige leisten können. Die Familien leben in einfachen Bambushütten mit Strohdach und die neue Strasse, die von den Chinesen und Thailändern gesponsert wurde, passt irgendwie nicht so ins Bild. Das Leben der Einheimischen findet hier wieder direkt auf und neben der Strasse statt. Zum Velofahren passt uns das viel besser. In Thailand haben wir genau das manchmal vermisst, sodass es manchmal fast langweilig wurde.
Auf der Strasse treffen wir immer wieder Leute die mit ihren grossen Messern zur Feldarbeit unterwegs sind. Je nach Ethnie, welche die Gegend bewohnt, wird das Land anderst bewirtschaftet. Eine alte und oft angewendete Landwirtschaftsmethode in dieser Gegend ist die Brandrodung. Parzellen werden für einige Jahre intensiv bewirtschaftet, danach für 15 Jahre brachgelegt. Nach dieser „Erholungszeit“ werden die inzwischen überwucherten Hänge komplett abgebrannt und wieder neu bepflanzt. So werden wir dann schon mal von laut knisternden Flächenbränden aus unserer Siesta gerissen… Eine andere (zum Glück weniger Feinstaub produzierende) Methode ist von China importiert und zeichnet sich durch ausgeklügelte Bewässerungssysteme und kunstvollen Terrassenbau aus. Genau so verschieden wie die Landwirtschaftsmethoden sind auch die Reaktionen auf uns in den verschiedenen Dörfern. Von scheu, über ungläubig hin zu begeistert ist alles dabei.
Mit knurrendem Magen kommen wir gegen Mittagszeit in ein kleines Dorf und suchen etwas Essbares. Meist findet sich irgendwo ein Suppenstand, hier gibt es aber nur einige Minishops die Softdrinks und Instantnudeln verkaufen. Mit etwas hin- und hergestikulieren bekommen wir dann etwas Tee und heisses Wasser für die Nudeln. Die einheimischen Kinder kommen gerade von der Schule und schon bald werden unsere Velos und wir beiden „Farangs“ (laotisch für Weisser oder Franzose) beim Essen von einer ganzen Schar neugieriger Kinder auf Schritt und Tritt beobachtet. Als ich die Kamera zücke, um das Schauspiel zu fotografieren, sind noch bevor der Objektivdeckel weg ist auch alle Kinder wie vom Erdboden verschluckt ;-) Fotografieren scheint hier wohl nicht so gut anzukommen.
Am Abend übernachten wir in einem kleinen Dorf. Schon bald kreuzen zwei Jugendliche auf die ihr Englisch praktizieren wollen. So plappern wir über Gott und die Welt, bis sich der Hunger meldet und wir uns auf Restaurantsuche machen. Kaum auf der Strasse angekommen werden wir von einem anderen Jugendlichen angesprochen. Wo wir denn hin wollen??? Er zeigt uns ein Restaurant wo wir zusammen ein laotisches BBQ (eine Art Fondue Chinoise) essen. Satt und zufrieden stellen wir uns eigentlich eher einen ruhigen Abend vor, jedoch werden wir von unserem neuen Kollegen in seine Englischklasse eingeladen… (Hatten wir das nicht schon mal?!?) Wir lassen uns überreden und stehen schon bald vor einer Horde neugieriger Schüler. Hier in den Schulen herrscht noch Zucht und Ordnung. Zustände und Lernmethoden wie in der Schweiz vor 50 Jahren. Statt mit Bildern und viel Konversation zu arbeiten werden die Englischwörter von der ganzen Klasse immer und immer wieder laut wiederholt. Die Bedeutung der Wörter wird dann eher am Rande erwähnt. Wie auch immer… In diesem und auch in anderen Dörfern scheint jedoch ein richtiges Englischfieber unter den Jugendlichen ausgebrochen zu sein, sodass wir auch auf der weiteren Reise relativ oft angesprochen werden um Englisch zu praktizieren.
Als unsere Wasservorräte am nächsten Tag erschöpft sind, füllen wir unsere Wasserflaschen in einem Restaurant mit Hahnenwasser auf. Also Corina die Chlortropfen zur Wasserdesinfektion zufügen möchte, entdecken wir dass wir unfreiwillig Besitzer eines „Haustieres“ geworden sind… Anscheinend wird das Wasser direkt vom Fluss angepumpt und ein kleiner Möchtegern-Nemo hat sich in unsere Wasserflasche verirrt. Hmmmm…. Wie nennt man eigentlich ein „Haustier“ wenn man im Moment weder Haus noch Wohnung hat??? Wie auch immer, den Abfluss runterspülen kommt nicht in Frage, ein Aquarium auf dem Gepäckträger ebensowenig, also entlassen wir unseren Reisegenossen nach kurzer Fahrt an der nächsten Brücke wieder in den Fluss…
Bezüglich Essen ist Laos schon ein Rückschritt, wenn man von Thailand kommt. Nun bestimmt Stickyrice (gedämpfter Reis der zu einem Klumpen zusammenklebt) und Foe (Reis-Nudelsuppe mit mehr oder weniger zähem Fleisch) wieder unseren Speiseplan. Auch die Bisquits hier sind ein Geschmackserlebnis besonderer Art. Egal ob wir Sesam-, Kokos- oder Käsegeschmack kaufen, der Geschmack bleibt gleich… Nur die Chickenbisquits sind anders; die schmecken nach Speck ;-) Auch die Tischmanieren sind zum Teil ein wenig verwildert. Auf dem Nachtmarkt gibts Take-Away Essen und wir kaufen uns Reis und eine Art Fleischsalat. Zum Glück sind wir nicht später gekommen, denn die nächste Kundin schleckt kurzerhand den Schöpflöffel ab um zu schauen ob ihr das Gericht auch schmeckt ;-)
Der nächste grössere Stop ist die Stadt Luang Prabang. Als UNESCO Weltkulturerbe wohl DER Touristenspot in Laos. Allerdings geht es hier gemütlich zu und her und wir geniessen einige erholsame Tage in dieser überschaubaren Stadt. Erholung ist auch wichtig, denn die nächsten Tage verlangen uns alles ab. Bis zu 2000 Höhenmeter sind pro Tag zu erstrampeln und meist sind wir schon vor Tagesanbruch auf dem Velo um der grössten Hitze zu entfliehen.
Mit müden Wädli rollen wir dann in das selbsternannte Backpackerparadies Vang Vieng ein. Der Renner in diesem kleinen Dorf ist das sogenannte „Tubing“. Mit einem aufgeblasenen LKW-Reifen ausgerüstet werden ganze Horden von partywütigen Backpacker weiter oben am Fluss ausgesetzt und lassen sich von der Strömung runtertreiben. Soweit sogut… Unterwegs warten nun jedoch dutzende Bars auf trinkfreudige Kunden, sodass Stunden später dieselben „Tuber“ mit Sonnenbrand, aufgeschürften Knien und deutlich erhöhtem Alkoholgehalt im Blut wieder ans Ufer „geschwemmt“ werden. In den berüchtigten Restaurants kann man sich den Fruchtshake oder die Pizza nach Wahl mit einer Prise Cannabis verfeinern lassen. Anscheinend trifft dieses Angebot auf hohe Nachfrage, denn der Bauboom in Vang Vieng scheint unaufhaltsam. Auch wir begeben uns bei unseren Freizeitaktivitäten in Vang Vieng in höhere Sphären, allerdings gut gesichert mit Seil im Klettergarte ;-) Am nächsten Tag haben auch wir einen „Kater“, aber glücklicherweise beschränkt er sich auf unsere Unterarme…
Nach viel Hitze in den letzten Tagen macht uns das Wetter in Form von Regen und Kälte einen Strich durch die Rechnung. So legen wir die letzten Kilometer nach Vientiane per Pickup-Taxi zurück. In einem regenfreien Moment düsen wir über die Grenze nach Thailand, da unser Laos-Visum ausläuft. Hier hält uns der anhaltende Regen zwei weitere Tage fest, bevor es dann wieder zurück nach Vientiane geht wo wir uns ein Dreimonatsvisum für China besorgen wollen. Wenn alles klappt wie gewünscht sind wir in einigen Tagen auf dem „Rückweg“. Allerdings mit einigen Umwegen… Mehr dazu aber später.
All denen die das Veloplus Magazin „Aktuell“ abbonniert haben ist unser Bericht über Myanmar wahrscheinlich aufgefallen, für alle anderen gibt’s den Downloadlink hier:
http://goo.gl/rRyNa
HAllo Vus dus intressant ei Vies viadi.
Giavischel vinavon bia plascher e flad da stuschar. Onda Rita
Hey iär zwei, habs auch mal wieder auf eure Webseite geschafft! Hab jetzt viel zu tun mit Aufholen beim Lesen – uff! Gratuliere zum Text und den Bildern im Veloplus! Ist das der Anfang einer Journalistenkariere? ;o) Liebe Grüsse vo dr heimä, simone